Der Weg von London nach Schottland ist länger als gedacht. Unser erstes Ziel der Reise sind die Cairngorms, welche zugleich die größte Berggruppe als auch das alpine Zentrum der Insel sind. Die dichte Ansammlung hoher Berge hat zufolge, dass es hier viele Berghütten gibt, die Kletterern und Wanderern frei zur Verfügung stehen – in Schottland nennt man sie Bothies. Großbritanniens höchstgelegene Bothy, die Hutchinson Memorial Hut, soll direkt unsere erste Unterkunft sein.
Der letzte Schnee war erst kürzlich geschmolzen und für Schottland untypisches, sonniges Wetter lockte viele Menschen in die Natur. Laut offiziellen Informationen haben sechs Personen in der Hütte Platz. Als abends die letzten Wanderer in die Hütte kommen, sind wir allerdings doppelt so viele – plus zwei Hunde. Doch nicht umsonst ist die Freundlichkeit der Highlander weltberühmt. Einige bauen kurzerhand ihre Zelte auf, vier hartgesottene Studenten biwakieren bei frostigen Temperaturen vor der Tür und der Rest macht es sich in der kleinen Hütte gemütlich. Es ist kuschelig.
Das eigentliche Highlight auf der Reise war jedoch eine Hütte mit dem vielversprechenden Namen The Lookout auf der Isle of Skye. Am äußersten Zipfel der Insel hoch auf einer Klippe gelegen, diente sie mit ihren Panoramafenstern früher der Küstenwache als Beobachtungsposten. Nun wird sie von Freiwilligen in Stand gehalten und ist eine Schutzhütte für Wanderer.
Wir nutzen das letzte gute Wetterfenster um zur Hütte zu kommen, als es anfängt zu stürmen. Es hört drei Tage nicht mehr auf. Wir sind alleine gefangen in unserem Aussichtsposten. Draußen geht die Welt langsam unter, doch wir sitzen im Trockenen und kümmern uns nicht drum. Da ist er dieser Moment, für den wir die lange Reise auf uns genommen haben. Bei Kerzenschein und in unsere dicken Daunenschlafsäcke gehüllt, hören wir dem Regen zu und spielen Karten. Diese Hütte wird uns lange in Erinnerung bleiben.
Bothies sind auf keinen Fall mit Ferienwohnungen zu vergleichen und auch nicht wirklich mit den Selbstversorgerhütten, wie wir sie aus den Alpen kennen. Sie sind viel mehr ein Zeltersatz, ab und an mit kleinem Luxus, wie zum Beispiel einem Kamin. Es gibt keinen Strom, ganz selten fließendes Wasser und oft auch keine Toilette. Alles was man zum Überleben braucht, muss man ins Bothy bringen. Wer einen Trip mit Bothy-Übernachtung plant, sollte also alles einpacken, was man für einen Campingausflug braucht - außer natürlich das Zelt. Die Übernachtung im Bothy kostet nichts, man kann aber auch keine Plätze reservieren.
Bothies findet man in Großbritannien in den nördlichen Highlands, nordwestlichen Highlands und Inseln, westlichen Highlands, südwestlichen Highlands und Inseln, zentralen, östlichen und südlichen Highlands, Nord-England und Wales. Hier gibt es eine Übersicht:
www.mountainbothies.org.uk/locationmap.asp
Die meisten Bothies gehören Privatleuten und werden von der gemeinnützigen Mountain Bothies Association in Stand gehalten. Wer sich beim Bothy-Ausflug in die kleinen Hütten verliebt, kann sich bei der Organisation für den nächsten Urlaub als freiwilliger Helfer melden und bei einer „Work Party“ Bothies restaurieren.