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Welcher Fusel hat das Zeug zum Gipfelschnaps?

Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps. Das alte Sprichwort ist auf gut bayerisch ziemlicher Schmarrn. Denn so wie es stupide Aufgaben und Traumjobs gibt, gibt es auch Unterschiede beim Schnaps. Welche diese sind und woran man sie erkennt, erfährt man am besten bei einem Brennereibesuch im Schnapsland Tirol.

Tirol hat die Kompetenz beim Thema Schnaps: 4.000 Brennrechte gibt es nur in diesem österreichischen Bundesland. Auf der so genannten Tiroler Schnapsroute kann man hinter die Kulissen der heimischen Brennereien wie zum Beispiel von Gidis Genusswerkstatt in Fieberbrunn schauen. Dabei zügelt man sich besser bei den verabreichten Kostproben, erfährt die Geheimnisse der Destillierkunst vom Brenner selbst – angefangen bei einer grundsätzlichen Begriffsklärung.

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Begriffsverwirrung: von Edelbrand über Obstgeist bis zu Likör

Denn für Verwirrung beim Thema Hochprozenter kann nicht nur die Konsumierung der enthaltenen Volumenprozent, sondern auch die verschiedenen Bezeichnungen von Edelbrand über Obstgeist bis zu Likör sorgen. So ist Spirituose zwar einerseits der durch eine EU-Verordnung definierte Übergriff für sämtliche Hochprozenter, andererseits aber auch oft ein Zeichen für mindere Qualität. Denn die Anforderungen an einen Hochprozenter, auf dessen Etikett der Brenner „Spirituose“ schreiben will, sind nicht besonders hoch, vor allem aber niedriger als bei einem Edelbrand oder Obstgeist: Eine Spirituose muss mindestens 15 Prozent Alkohol aufweisen und wenigstens fünf Kilogramm Früchte auf 20 Liter reinen Alkohol enthalten. Zucker oder synthetische Aromen dürfen bei Spirituosen zugesetzt werden. So erkennt man eine billige Spirituose laut Gidi Treffer vor allem am künstlichen Gummibärchen-Aroma, das einem schon von weitem aus dem Schnapsglas förmlich anspringt und so intensiv ist, dass man am liebsten „einibeißen“ möchte: „In der Nase hast du das intensive Aroma, am Gaumen nur mehr den Alkohol. Da geht nichts breit auseinander von der Frucht. Das sind die Unterschiede.“

Qualitätsauszeichnungen Brand, Edelbrand oder Wasser

Wer ein breites Geschmackserlebnis bevorzugt, muss zum Brand, Edelbrand oder Wasser greifen. Diese bezeichnen immer hundertprozentige Fruchtdestillate und damit hohe Qualität. Beim Edelbrand oder auch Wasser wird die Frucht mit Hefe eingemaischt, zum Gären gebracht und anschließend destilliert. Der Alkohol und das Aroma entstehen also allein aus dem vergärbaren Fruchtzucker und der Frucht. Bis auf Wasser – bei Gidi Treffer reines Bergquellwasser – wird einem Edelbrand keine weitere Zutat mehr hinzugefügt, freilich auch keine Farbstoffe und kein Zucker. Die Trinkstärke beträgt mindestens 37,5 Prozent, die meisten Obstbrände haben um die 40 Porzent. Ein Edelbrand oder echtes Fruchtdestillat steht laut Gidi im Gasthaus nicht für unter drei Euro auf der Karte, außer der Wirt ist selbst Brenner. Das Aroma eines Brands lässt sich auch mehrere Stunden nach dem schnapseln noch am Gaumen spüren und wenn man das das Glas stehen lässt, erkennt man noch nach Tagen, welcher Schnaps daraus getrunken wurde.

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Geist und Likör

Wären da noch die Bezeichnungen Geist und Likör: Bei einem Geist werden die Früchte in Alkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, meist aus Korn oder Getreide, weil dieser Alkohol besonders neutral schmeckt, eingelegt. Der Alkohol entzieht den Früchten ihre Aromen. Die Mischung aus Frucht und Alkohol wird dann gebrannt, also destilliert. Diese Methode wendet man häufig bei Früchten mit geringem Fruchtzucker, wie zum Beispiel Schlehen oder Quitten an. Liköre sind bekanntlich süßer als andere Schnäpse: Offiziell bezeichnet man als Likör einen Schnaps ab einem Alkoholgehalt von mindestens 15 Prozent und einem Zuckergehalt von 100 Gramm pro Liter. Ob Farbstoffe, Aromen, Auszüge aus Kräutern und Früchten zugesetzt wurden, ist nicht entscheidend für die Bezeichnung als Likör.

Trinkkultur für hochgeistige Genussprodukte

Am Gipfel bleibt einem freilich nichts anderes übrig, als der Flachmann. Zuhause muss es mindestens ein Grappa oder Steinobst-Glas sein, findet Gidi Treffer, damit sich „das Aroma im Bauch entwickeln kann und der Kamin es direkt in die Nase befördert“. Auch ein Cognacschwenker wäre noch in Ordnung, ein ordinäres Schnapsstamperl allerdings ein ein absolutes No Go! Ins Glas hinein kommt der Schnaps in Zimmertemperatur zwischen 17 und 20 Grad – auf keinen Fall wie früher üblich direkt aus dem Kühlschrank. Der Profi Gidi Treffer trinkt Willy am liebsten in einer Temperatur um die 17 Grad, während er bei einem Himbeerbrand 20 Grad bevorzugt. Auch wichtig: Die Flasche vor dem Ausschenken kurz zu kippen, da sich Wasser und Alkohol mit der Zeit entmischen. Am Wichtigsten findet Gidi: Den guten Tropfen nicht hinunter zu exen, sondern Schluck für Schluck zu genießen, am besten mit Bitterschokolade oder Käse.

Fotos: © Kimberly Karisch & Lisa Eiersebner

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Katharina Kestler

Journalistin mit fränkischen Wurzeln und Wahlheimat München - liebt die Abwärtsbewegung, egal ob auf Ski oder mit Rädern.

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