Fiona5

Wieso es sich lohnt draußen zu schlafen, obwohl es so ungemütlich ist.

Unheimliche Geräusche, ungemütliche Kälte und unangenehmes Pieksen im Rücken – das alles bringt eine Übernachtung am Berg mit sich. Gegen Netflix und Pizza im kuschligen Bett gewinnt sie trotzdem immer, findet Fiona Stappmanns. Zum Beispiel weil der Kaffee am nächsten Morgen zu den ersten Sonnenstrahlen nirgends so gut schmeckt, wie dort oben.

Hand aufs Herz, es gibt wahrhaftig gemütlichere Schlafplätze als am Berg. Vor allem, wenn man wie ich zu den Personen gehört, denen unter 25 Grad Außentemperatur eigentlich immer kalt ist – auch in einem High-End-Daunenschlafsack und auch in einer lauen Sommernacht. Wenn ich dann endlich in meinen Schlafsack gekuschelt, einigermaßen warm im Zelt liege, piekst mich auf einmal der Stein im Rücken, den ich in der Eile vergessen habe wegzuräumen. Und was war das da draußen in der dunklen Nacht für ein Geräusch? Wölfe gibt es doch nicht mehr in den Alpen, oder doch? Ich glaube, ich hatte da neulich was gelesen… Außerdem: Habt ihr mal versucht in den Bergen eine komplett ebene Fläche zu finden?!? Auf Bergspitzen sind die doch eher selten. Und dann fängt es auch noch an zu regnen...

Ein Biwak am Berg ist besser als Netflix und Pizza

Also bloß nicht die Außenwand des Zeltes berühren – gar nicht so einfach, denn so ein Ultraleichtzelt ist wahrhaftig kein geräumiger Palast. Und da liege ich nun, halb wach, halb frierend, immer weiter den Hang herunter rutschend, wo ich doch genauso gut nach einer bis zehn Folgen Netflix und Pizza in mein warmes, weiches, kuschliges Bett hätte kriechen können. Stattdessen habe ich einen unglaublich schweren Rucksack den ganzen Tag durch die Gegend getragen, die Füße tun weh, von den Knien ganz zu schweigen. Und als Belohnung nun das?

.
Fiona7
Fiona4
Fiona9
.

Nur ein Dösen – und trotzdem so viel erholsamer als jeder Tiefschlaf in meinem Bett

Ja! Genau das! Denn was ist schon all das Mimimi gegen das Gefühl, trotz langem Fußmarsch, trotz kuscheligem Schlafsack, trotz vollem Bauch, die Augen nicht schließen zu wollen, weil der Sternenhimmel so wunderschön ist. Nur noch eine Sternschnuppe und dann muss ich aber wirklich schlafen, bald geht ja die Sonne schon wieder auf. Und irgendwann gleite ich in diesen nicht wirklich erholsamen Halbschlaf, um im ersten Morgengrauen wieder zu erwachen. Blinzeln, aus dem Schlafsack schälen, das Zelt aufmachen, der erste Blick nach draußen, sich noch ungelenk und schlaftrunken aus dem Zelt quälen. Die Natur ist dann so wunderbar grau-blau, ein Universum zwischen Tag und Nacht, unentschieden. Die ersten Sonnenstrahlen, die vorsichtig über die Gipfel schauen, sind wie ein Versprechen nach der vergangenen dunklen, kalten Nacht. Die Stille umfängt mich, ein tiefes Einverständnis auch ohne Worte. Das Zischen des Mokka Pots, während die Sonne langsam an Kraft gewinnt und alles in ein goldenes Licht taucht, die müden Knochen wärmt. Der erste Schluck Kaffee, heiß und unglaublich köstlich. Essen schmeckt eh‘ viel besser am Berg, auch wenn es nur Pasta oder eine einfache Brotzeit ist. Nicht nur der Schlafplatz, auch das Menü hat hier oben Millionen Sterne. Es klingt furchtbar abgedroschen, aber genau hier finde ich Seelenfrieden.

Fiona10

Die Sonne steigt höher, die Natur erwacht, als hätte sie einen kurzen Moment den Atem angehalten, als hätte die Erde kurz aufgehört sich zu drehen, langsam wie ein Dunstschleier verfliegt die Magie, als würde man ein zweites Mal aufwachen. Dann kommt automatisierte Routine: Sachen zusammen räumen, Zelt abbauen, Rucksack packen. Die Gedanken kehren zurück zum Alltäglichen, zum nächsten „Gipfel“, zur Arbeit. Bis bald, nächtlicher Berg, wir sehen uns wieder!

Chris_Riefenberg

Gesetzliche Regeln rund ums Biwakieren

ACHTUNG: Oft ist es nicht erlaubt, geplant am Berg zu übernachten. Während ein Not-Biwak nie ein Problem darstellt, solltet ihr euch genauestens über die geltenden Regeln informieren, bevor ihr euer Zelt einpackt. Naturparks und andere Schutzgebiete sind absolut tabu und dort kann es auch richtig teuer werden, wenn man euch erwischt. Am einfachsten ist, bei einer Alm zu fragen, ob man gegen eine kleine Aufmerksamkeit dort sein Zelt aufschlagen darf. Und immer sollte gelten: Vorsicht mit offenem Feuer und nehmt alles wieder vom Berg, das ihr mitgebracht habt. Lest hier mehr dazu.

.
Profile Fiona

Fiona schreibt ihre Doktorarbeit über Nachhaltigkeit in der Outdoor Industrie und arbeitet als Fotografin. Dass man da des Öfteren für Feldstudien in die Natur muss, versteht sich von selbst. Ob Mountainbiken, Wandern, Klettern, Splitboarden oder Surfen, so richtig Spaß hat sie erst, wenn die Mutter daheim in Ohnmacht fallen würde, wüsste sie was ihr Sprössling treibt. Ist sie nicht gerade am Meer, lebt Fiona in Innsbruck und St. Gallen. Dabei stets im Gepäck: Schweizer Schoggi und ihre Kamera.

Christian ist mit 18 Jahren dem Norddeutschen Flachland Richtung Berge entflohen. Anfangs vor allem dem Winter hinterher gereist, begeistert er sich seit einigen Jahren fürs Surfen an Stränden, die normalerweise nicht auf der Bucket List von Touristen stehen. Durchs Reisen hat Chris die Fotografie für sich entdeckt, die bald darauf zu seiner festen Arbeit wurde. Mit einer Liebe für unwegsames Gelände und dem Motto „Heimat ist ein Gefühl und kein Ort“ steht Chris gerade erst am Anfang seiner Reise. Derzeitiger Aufenthaltsort ist Innsbruck oder ein Zelt in den Bergen.

Outdoor Inspiration
ins Postfach?

.
.
Newsletter abonnieren
.
.