Der erste Schneefall hatte die bayerischen Voralpen schon einmal weiß angezuckert. Ich stehe in den Startlöchern. Mein Skitouren-Equipment auch. Schon vor Wochen habe ich es vom Sommerstaub befreit und auf Vordermann gebracht. Die Kanten sind geschliffen, der Belag frisch gewachst und dem LVS Gerät habe ich neue Batterien spendiert. Das Einzige was noch fehlt ist Schnee, viel Schnee, nicht nur am Alpenhauptkamm und südlich davon, sondern auch bei uns vor der Haustüre, damit ich mich nicht stundenlang für eine Skitour ins Auto setzen muss. Es gibt nämlich nichts schlimmeres für mich als mehr Zeit im Auto zu sitzen als auf den Ski zu stehen.
Dann eben doch wandern
Aber momentan schaut es schlecht aus für mich und meine Tourenski. Es hilft nichts, ob ich will oder nicht, muss ich wohl zumindest am kommenden Wochenende nochmal die Bergstiefel statt der Skitourenstiefeln anziehen. Denn: Besser eine Bergtour als gar keine Tour, Höhenmeter sind Höhenmeter, Schweiß ist Schweiß und Gipfelblick ist Gipfelblick. Nur Abstieg ist nicht Abfahrt und das muss ich ehrlich sagen schmerzt seelisch schon ganz schön.
Die Scheinbergspitze in den Ammergauer Alpen
Die Scheinbergspitze in den Ammergauer Alpen ist ein fantastischer Aussichtsberg. Nicht nur, weil sich einem das gesamte, dicht bewaldete, Graswangtal zu Füßen ausbreitet, man die Zugspitze mit dem Wettersteinmassiv sieht, die Lechtaler, Tannheimer und Allgäuer Alpen und Richtung Norden sogar den pfützenhaft wirkenden Forggensee. Für mich ist es auch das beeindruckende Kreuzspitzkar, das wie eine Schlange in der Nordflanke des höchsten Ammergauer Gipfels lauert, und einem scheinbar magische Blicke zuwirft, die nichts anderes sagen als: „Ich krieg’ dich schon noch!“. Mich hat es schon gekriegt. Bei ordentlich Schnee und vernünftiger Lawinenlage zählt die Kreuzspitze zu meinen absoluten Skitourenhighlights in der Region. Der Pulver hält sich lange im nordseitigen Kar, so dass die Tour auch noch im Frühjahr begangen werden kann.
Als Skitour ein Flop, als Wanderung top
Zurück zur Scheinbergspitze. Das erste Mal war ich mit den Tourenski am Berg und ehrlicherweise bin ich die Tour seitdem auch nur ein einziges Mal gegangen. Landschaftlich zwar eine tolle Skitour mit alpinem Charakter im Gipfelbereich, aber abfahrtstechnisch nicht so ganz mein Geschmack, da ein Großteil wenig lohnenswert im Wald verläuft. Über schmale Waldschneisen sucht man sich den Weg nach unten, bevor die Tour mit einer Forstwegralley endet. Dafür finde ich den Sommerwegaufstieg zu Fuß von Süden her umso schöner. Lässt er sich doch vor allem auch als schnelle Halbtagestour machen. Ausgangspunkt ist ein kleiner Parkplatz auf der rechten Straßenseite von Ettal her kommend, ungefähr sechs Kilometer nach Schloss Linderhof. Die ersten Meter zum Warmlaufen legt man auf einer Forststraße zurück bis in einer Linkskehre rechterhand ein kleiner Steig steil hinauf in den Bergwald abzweigt. Dieser führt zuerst durch lichten Mischwald bis dieser in einen Latschengürtel übergeht, der sich über einen Kamm fast bis zum Gipfel hinauf zieht. Das Panorama, mit dem man oben belohnt wird, ist vom feinsten und die Brotzeit schmeckt auch ohne Ski. Nur die Abfahrt fehlt eben, aber es ist wie jedes Jahr: Irgendwann ist es soweit!
Ausgangspunkt: Wanderparkplatz (1.075 Meter) im Graswangtal kurz vor der österreichischen Grenze in den Ammergauer Alpen.
Charakter: Einfache bis mittelschwere Bergwanderung, die vorwiegend über kleine Pfade und Steige führt. Im Gipfelbereich der 1.929 Meter hohen Scheinbergspitze erwarten einen kleine, schrofige Steilstufen, die etwas Trittsicherheit erfordern.
Höhenmeter: 850 Meter
Aufstieg: ca. 2,15 Stunden
Abstieg: ca. 1,15 Stunden
Kartenmaterial:
Alpenvereinskarte 1:25 000, Blatt BY 6 Ammergebirge West
Kompass Karte 05, Oberammergau und Ammertal 1:35.000
Einkehr: Auf der Tour gibt es keine Einkehrmöglichkeiten, also Brotzeit in den Rucksack packen. Wer sich im Anschluss mit Schnitzel, Ente oder Kuchen belohnen möchte, kann das in der Ettaler Mühle.