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Balkan Trail Explorer

Markus Emprechtinger von flat.sucks entdeckt zusammen mit einer abenteuerlustigen Mountainbike Crew die abgeschiedenen Gebirgsregionen des Kosovo und Albaniens, durch die sich endlose Traumtrails ziehen. Sie sind nicht nur von der Ursprünglichkeit des Balkans beeindruckt, sondern vor allem auch von der großartigen Gastfreundschaft seiner Bewohner.

Nach schier endlosen 20 Stunden Fahrt und 1.400 Kilometern in unserem Team Bus durch Österreich, Slowenien, Kroatien und Serbien, kommen wir schließlich in Delovce im Kosovo an.

Wir, das ist eine kleine, bunt zusammengewürfelte Crew aus abenteuerlustigen Biker:innen, die von Innsbruck aus gen Balkan aufbrechen, um neue Trails zu entdecken. Dass es der Balkan wurde, ist tatsächlich reiner Zufall und geht auf eine Instagram Challenge um eine neue Bikereise zurück, zu der “Empi”, der Gründer von flat.sucks aufgerufen hatte. Jeder sollte seine Traum Bike Destination nennen. Im K.O.-Verfahren haben wir abgestimmt und am Ende stand Albanien als Reiseland fest. Und nur ein paar Wochen später sind wir bereits unterwegs.

Mit unserem albanischen Guide Beni, den wir in Delovce (Delloc) aufgesammelt haben, fahren wir weiter bis zu unserem ersten Bike-Spot des Explorer Trips. Nach einer kurzen Ankommens-Pause starten wir noch zu einem kleinen Evening-Ride, der direkt in ein sehr üppiges Abendessen übergeht, das es in Albanien eigentlich immer gibt. Der Start hätte also nicht besser sein können. Die gute Stimmung wird auch nicht dadurch getrübt, dass wir fast ein Crew-Mitglied an eine hinterhältige Wirtshaus-Toilette verlieren, die sie nicht mehr herauslassen möchte. Erst als wir einen Hilferuf über unsere gemeinsame WhatsApp Gruppe erhalten, können wir unsere Kollegin befreien. Damit ist auch schon der Running Gag dieses Trips geboren.

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Unterwegs auf Beni’s Hometrails

Am nächsten Morgen warten bereits Jeeps vor unserer Unterkunft, die uns in die Berge shutteln werden. Beni, unser Local Guide möchte uns heute seine Hometrails zeigen. Beim Bergaufschieben treffen wir auf zwei deutsche Goldsucher. Nur mit "Adiletten" besohlt, sind sie auf den durchaus steilen und steinigen Wegen unterwegs, auf der Suche nach Schätzen. Wir haben jedenfalls unseren heutigen Schatz gefunden. Auf  flowigen Trails cruisen wir über goldbraune Wiesen und durch tiefgrüne Wälder. Nicht schlecht!

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Prizren, die schönste Stadt im Kosovo

Nach der Tour geht es gleich noch weiter nach Prizren, dem nächsten Stopp unseres Trips. Der Trubel in der lebendigen Stadt überfordert uns fast nach der Ruhe und Abgeschiedenheit, die wir auf unserer Tour untertags erlebt haben. Man hat regelrecht das Gefühl, dass alle 85.000 Einwohner auf der Straße sind und das Leben feiern. Für unseren Guide Beni ist Prizren jedenfalls die schönste Stadt im Kosovo.

An einem kleinen Platz, direkt am Fluss, essen wir inmitten des Großstadttreibens zu Abend und werden wieder von den unglaublichen Mengen überrascht, die uns aufgetischt werden. Beni erzählt uns von spaßigen Rennen mit alten Traktorreifenschläuchen, die jedes Frühjahr in der Stadt stattfinden. Bei einem Absacker lassen wir den großartigen Tag ausklingen.

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Täglich grüßt der Muezzin in Prizren

MUHIAAHIIAAAAAAA.......Es ist fünf Uhr morgens, Sonnenaufgang und ein lautstarkes Schreien hallt durch die Stadt. Vor Schreck stehe ich senkrecht im Bett. Allmählich dämmert es mir. Wir befinden uns in einem muslimisch geprägten Land, in dem der Muezzin morgens die Gläubigen zum Gebet ruft. A bisserl später hätte auch gereicht. Aber gut, so nutzen wir einfach die zusätzliche Morgenstung und brechen früher als geplant zu unserer Erkundungstour rund um Prizren auf. Vorbei an Häusern mit Dächern aus alten Ölfässern, cruisen wir über Wiesen und durch ursprüngliche Wälder, bis wir plötzlich am Haus unseres Guides ankommen. Er lädt uns auf Kaffee, selbst gemachtes Brot und Marmelade ein.

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Nach einem köstlichen Glas selbst gepressten Heidelbeersaft verabschieden wir uns wieder von seiner Familie und nehmen den nächsten Trail unter die Stollen, der direkt am Grundstück startet. Der Trail führt über Wiesen mit natürlichen Sprüngen, durch super flowige Waldtunnel und endet mit einem steinigen Spitzkehrenfinale. Weil es so cool ist, fahren wir den Trail zweimal. Zwischendurch laden wir unsere Speicher auf dem Markt in Prizren aus, wo die einheimischen Bauern ihre selbst produzierten Waren verkaufen.

Der zweite Tag in Prizren startet wie der erste: Sehr, sehr früh. Ein zuerst recht stupider Schotterweg entpuppt sich bald als abwechslungsreicher Spielplatz. Links und rechts des Weges sind nämlich immer wieder Anlieger und Drops aus Holz gebaut. Teilweise sind sie schon etwas in die Jahre gekommen, aber Spaß machen sie trotzdem. Weiter geht`s über super flowige Waldabschnitte bis wir bei einer Burg oberhalb der Stadt landen, von wo aus wir einen traumhaften Sonnenuntergang über Prizren genießen. Mit unglaublichen Eindrücken von den Trails, Sonnenuntergängen, köstlichem Essen, Großstadttrubel, Cocktails und Selbstgemachtem fallen wir wie Steine in die Federn. Ein anstrengender, aber ereignisreicher Tag geht zu Ende.

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Über die grüne Grenze nach Albanien

Es wird ein langer Tag werden, haben Sie gesagt. Ihr werdet es lustig haben, haben Sie gesagt. Erst Tage später werden wir verstehen, dass das definitiv untertrieben war. 

Heute geht es über die grüne Grenze vom Kosovo nach Albanien, unserer eigentlichen Destination. Ein Shuttle setzt uns im Niemandsland, mitten auf einer Passstraße aus. Beni möchte, dass wir uns die Schützer anziehen. Weit und breit ist jedoch kein Trail zu sehen. Kurze Zeit später sind wir mitten im Geschehen und folgen einem Weg, der sich durch ein schier unendlich langes Tal hinaus Richtung Albanien zieht. Der Trail hat alles, was das Bikerherz höher schlagen lässt: Flowige Abschnitte im Wechsel mit technisch anspruchsvollen Passagen. On top gibt es entlang eines Flussdeltas kleine und große Pools, die zum Abkühlen einladen. In einem kleinen Dörfchen mitten in den Bergen stärken wir uns noch mit einer albanischen Jause, bevor wir die Bikes für die nächsten Stunden schultern werden, um zum Ausgangspunkt der letzten Abfahrt des heutigen Tages zu gelangen.

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Es geht vorbei an wilden Pferdeherden und Bauern, die das Heu mit ihren Pferden ins Tal befördern. Manche Pferde sind mit Heu so dicht beladen, dass man teilweise nur noch Kopf und Beine erkennen kann. Auch hier überrascht uns wieder die Gastfreundschaft der Bergbauern, die uns bewundernd und verwundert beobachten, wie wir unsere Bikes geschultert auf den Berg tragen. 

Nach dem langen und anstrengenden Aufstieg erreichen wir pünktlich zum Sonnenuntergang den Bergrücken, von dem aus wir zurück ins Tal cruisen werden. Die Stimmung oben ist gewaltig. Die diesige Luft lässt die goldgelben Wiesen noch intensiver leuchten und begleitet uns auf dem Trail bis zu unserer heutigen Unterkunft bei einer Bergbauernfamilie.

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Beim Eintreffen duftet es bereits nach frischem Brot und der Hausherr begrüßt uns mit einem kalten Bier. Was will man nach solch einem genialen Tag noch mehr?! Unser Gastgeber ist zugleich auch der Musiklehrer im Bergdorf und lässt es sich nicht nehmen uns eine musikalische Darbietung zum Besten zu geben, nachdem wir uns beim köstlichen Abendessen seiner Frau gestärkt haben. Der ein oder andere selbst gebrannte Schnaps darf natürlich auch nicht fehlen.

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Trail Scouting rund um Peshkopi in Albanien

Nach einem leckeren Frühstück im Garten mit frischer Eierspeise, tauchen wir unmittelbar am Haus in einen technisch verblockten Trail ein, der uns direkt bei unserem Shuttle wieder ausspuckt. Dieser bringt uns anschließend zur letzten Unterkunft des Trips in Peshkopi, das mitten in Albanien liegt. Diesmal sind wir in einem Hotel untergebracht, dessen Eigentümer etwas seltsam daherkommt, uns jedoch zusammen mit seinen Bodyguards herzlich begrüßt. Nach einem kurzen Check-in geht es mit 4x4-Fahrzeugen los, die uns direkt zu den Trails in den Bergen bringen sollen. Die Trails in dieser Gegend wurden im Zuge eines EU-Entwicklungsprojektes (Cross Border Cooperation Program) gebaut, um den Tourismus zu fördern.

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Die offenen “Jeeps” bestehen lediglich aus vier Rädern, einem Motor und etwas Metall, das die Einzelteile zusammenhält. Alles unnötige wie Lichter, Dach und Sitze wurden demontiert. Die Elektronik ist reparaturfreundlich frei zugänglich. Bei uns würde niemand freiwillig in solch ein Gefährt einsteigen, um sich damit auf Berge shutteln zu lassen. Hier scheint es ganz normal zu sein. Selbst die Polizei, der wir unterwegs begegnen, lässt der Anblick kalt.   

Wir kommen vorbei an Schafherden und Bergbauern, die ihren Lebensunterhalt mit Schafzucht und dem Sammeln von Heidelbeeren verdienen, die sie getrocknet als Tee verkaufen. Gelebt wird hier oben in einfachen Hütten, die nur aus einem Holzgerüst bestehen, das mit Kunststofffolie verkleidet ist.

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Vom Gipfel aus kann man die Straßen erkennen, die während des Kommunismus in die Berge gebaut wurden. Allerdings nicht zum Befahren, sondern um die Bevölkerung daran zu hindern, das Land zu verlassen. So wurden die bis zu 10 Meter breiten Straßen an den Bergkämmen zwischen Albanien und den angrenzenden Staaten vom Militär mit Sand bedeckt und täglich glattgestrichen. Dadurch konnten sie anhand von Fußspuren feststellen, ob sich jemand im wahrsten Sinn des Wortes unerlaubterweise aus dem Staub gemacht hat. War das der Fall, hat das Militär die Verfolgung aufgenommen und die Republikflüchtigen gewaltsam zurückgebracht. Es soll wohl laut unserem Guide auch schlaue Flüchtlinge gegeben haben, die rückwärts über die Straßen gelaufen sind, um das Militär zu täuschen. 

Die Trails hier oben sind sehr gut beschildert, so dass man sich eigentlich nicht verfahren kann. Auch hier erwarten uns wieder schnelle, flowige Trails, die immer wieder mit technisch verblockten Abschnitten und viel Staub aufwarten. In einem der kleinen Dörfer, die wir passieren, legen wir bei einem kleinen Laden, der extra für uns aufgesperrt wird, einen kurzen Boxenstopp ein, um uns mit Snacks und Getränken einzudecken.

Nach einer steilen Spitzkehrenorgie landen wir schließlich am Flussufer der „Schwarze Drin“, wo wir uns direkt ins erfrischende Nass werfen, um all den Staub des Tages loszuwerden. On top werden wir vor Ort mit einem leckeren Abendessen überrascht. Besser hätte dieser ereignisreiche Tag nicht ausklingen können. Bis zum Hotel sollen es von hier aus noch 10 Minuten sein. Zum Glück nicht mehr weit, denn es wird bereits dunkel und keiner aus unserer Gruppe hat eine Stirnlampe dabei. Wie sich jedoch später herausstellen wird, sollen noch Stunden vergehen, bis wir völlig erschlagen mitten in der Nacht zurück im Hotel sind.

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Den letzten Tag verbringen wir wie am Vortag shuttelnd mit den albanischen 4x4 Jeeps und lassen uns am Abend zum Abschied nochmals so richtig mit einem königlichen Festmahl verwöhnen. Zurück im Hotel wird uns allmählich klar, warum unser Gastgeber so seltsam wirkt und ständig von Bodyguards umgeben ist. Auf einem Bild in der Rezeption ist er nämlich mit einem Mitglied der Mafia zu sehen. Das kann etwas bedeuten, muss es aber nicht. Auf alle Fälle lässt er am nächsten Tag, als wir abreisen, für uns die Einbahnstraße, die zu seinem Hotel und mitten durch die Fußgängerzone führt, komplett sperren, damit wir auf kürzestem Weg „seine Stadt” entgegen der Fahrtrichtung verlassen können. 

28 Stunden später und um einige Grenzübertrittserfahrungen reicher, sind wir zurück in Innsbruck. Was für ein cooler Trip!

 

 

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